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Lorem Ipsum muss sterben

von Stefan Rössler am 30. November 2011

9 Kommentare zuletzt von Stefan

Lorem Ipsum muss sterben

Designer auf der ganzen Welt kennen und verwenden Lorem Ipsum oder irgendeine andere Art von Platzhaltertexten. Die Portfolios mancher Kollegen sind voll mit Auftragsarbeiten, die an Stelle von echten Informationen nur Platzhaltertexte zeigen. Manche denken sich dabei vielleicht nicht viel aber ich kann’s nicht wirklich verstehen.

Wer Artikel wie Eisbergmodell für Designer oder Ein Bild sagt mehr als tausend Worte gelesen hat, weiß bereits auf was ich hinaus will: Design ist mehr als schöne Bilder. Designer, die ohne Inhalt arbeiten und deshalb Lorem Ipsum verwenden müssen, sind keine Designer – sie sind Deko-Experten.

Lorem Ipsum ist ein Ausrede. Eine Ausrede um sich nicht um echte Designprobleme kümmern zu müssen. Eine Ausrede um sich nicht um Inhalte kümmern zu müssen. Eine Ausrede um sich mit unwichtigen Details befassen zu können. Kurz gesagt, eine Ausrede für Designer, die ihre Arbeit nicht machen wollen.

Was passiert wenn wir Lorem Ipsum verwenden?

Das soll eine (sehr) schematische Darstellung einer Webseite sein. Der graue Bereich steht stellvertretend für Menüs, Headergrafiken und andere globale Elemente einer Webseite. Der weiße Bereich steht für den Inhaltsbereich – der Bereich in den Designer ihr Lorem Ipsum schreiben.

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Design ist Kommunikation und die klarste Form zwischenmenschlicher Kommunikation ist Sprache. Dafür haben wir sie erfunden, um miteinander zu kommunizieren. Die Aufgabe eines Designers ist es, diese Kommunikation zu gestalten. Wenn Designer einfach Lorem Ipsum an Stelle von echten Informationen verwenden, gestalten sie aber nicht die Kommunikation, sondern lediglich den Rahmen, in dem sie stattfindet.

Ich sage nicht, dass ein schöner Rahmen nicht auch wichtig wäre, aber im Vergleich zum Inhalt würde ich ihn als Dekoration bezeichnen. Und wenn wir schon bei der Metapher von Bild und Bilderrahmen sind, dann gibt es noch zu sagen, dass gute Bilderrahmen ein Bild wirken lassen und nicht davon ablenken.

Das Problem für Designer – und Webdesigner im Speziellen – ist, dass sie viel zu viel Zeit dafür verwenden, Bilderrahmen zu gestalten, ohne die Bilder zu kennen, die später darin gezeigt werden. Das Ergebnis sind Screenshots von Webseiten, die sich zwar toll in einem Portfolio machen, aber so überdesigned sind, dass sie vom eigentlichen Inhalt ablenken.

Was können wir statt Lorem Ipsum verwenden?

Es gibt keinen Ersatz für Lorem Ipsum und es gibt auch keine schnelle Lösung für dieses Problem. Die Frage sollte deshalb lauten, warum muss Lorem Ipsum sterben? Die Antwort lautet, weil es ein Ausrede dafür ist, sich um Dekoration zu kümmern, ohne über Design nachdenken zu müssen. Um eine Lösung zu finden, müssen sich Designer stärker mit ihrer wirklichen Arbeit auseinandersetzen.

Wenn ihr z.B. eine Webseite für ein Unternehmen macht, genügt es nicht, eine visuelle Sprache zu entwickeln. Stattdessen sollten sich Designer um die Inhalte kümmern. Wir lassen uns die Informationen von unseren Kunden schicken und sehen dann, was wir damit anfangen können. Was davon gehört auf die fertige Webseite, was ist uninteressant und kann gelöscht werden, wie kann man diese Inhalte am besten präsentieren?

Je mehr Zeit wir uns dafür nehmen, unsere Kunden und vor allem die Kunden unserer Kunden zu verstehen, desto besser wird unser Design werden. Wenn wir Lorem Ipsum nicht mehr als Ausrede verwenden und damit beginnen, echte Informationen zu gestalten, dann können wir wirklich kreative Lösungen entwickeln und nicht nur Headergrafiken und Navigationen stylen und einen Bereich für Inhalte freilassen, in den später unbearbeitete Texte unserer Kunden reingeschissen werden.

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Bisher 9 Kommentare

  1. simon1. Dezember 2011

    na dann, viel spaß beim texten einer fourth-level unterseite eines (hausnummer) großen elektronikkonzerns, wenn die zeit eh scho drängt.

    und noch mehr spaß damit, wenn sich der kunde bei der präsentation dann an einem einzigen wort aufhängt, wenn es gerade um etwas völlig anderes geht.

  2. Stefan1. Dezember 2011

    Hallo Simon,

    wie soll man wissen, ob ein großer Elektronikkonzern eine Fourth-Level-Unterseite benötigt, wenn man die Inhalte nicht kennt?

    Diese Frage führt zur eigentlich Prämisse des Artikels: Ohne Inhalt gibt es kein Design. Allzu oft passiert es aber, dass Webdesigner eine Struktur mit 4 oder mehr Hierarchien durchgestalten, ohne zu wissen, ob sie diese Hierarchien überhaupt brauchen. Das meine ich, wenn ich sage, dass diese Webdesigner ihre eigentliche Arbeit verweigern und stattdessen Rahmen für Bilder gestalten, die es noch gar nicht gibt.

    Aber du hast absolut recht – einfach ist das Ganze bestimmt nicht und viel Spaß ist natürlich vorprogrammiert ;)

  3. simon1. Dezember 2011

    mit lorem ipsum in den designs (= gestalten mit farben und bildern) zu arbeiten hat aber rein garnichts damit zu tun, ob man die inhalte kennt oder nicht.

    die struktur sollte im schritt davor, der konzeption (= gestalten ohne farben und bildern) abgenommen sein.

  4. Stefan1. Dezember 2011

    Ich verstehe.

    Ich glaub wir haben ein Missverständnis, weil wir beide den Begriff „Design“ unterschiedlich auffassen. Für mich sind Farben und Bilder nur ein (kleiner) Teil von Design und Konzeption ist der andere (große) Teil von Design. Daraus ergibt sich für mich, dass Farben und Bilder erst dann eine Rolle spielen, wenn das restliche Design (Inhalte usw.) steht.

    Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wenn wir nur einen Container für Texte des Auftraggebers freilassen, wir (1) viel zu viel Zeit für Deko verschwenden und (2) die Webseiten am Ende sinnlos sind, weil die Texte, – also der einzige Grund, warum Leute die Webseite besuchen – furchtbar geschrieben sind.

    Aus diesem Grund warten wir immer bis wir die Inhalte bekommen, entwickeln daraus eine Content-Strategie und schreiben dann die Texte. Wenn die Texte fertig sind, beginnen wir am Layout der Seiten zu arbeiten und gestalten die vielen kleinen Details. Ist eh gleich wie bei Typografen seit hunderten von Jahren: Sobald der Inhalt steht, kann man sich um Makro- und Mikrotypografie kümmern.

  5. Stefan1. Dezember 2011

    Entschuldige Simon, aber dass viele Schlau-Reden hat mich anscheinend davon abgehalten, deinen Kommentar sinnerfassend zu lesen. Das tut mir leid.

    Du schreibst von einer Konzeptions-Phase, in der die Struktur für den Inhalt vorgegeben wird. Meine Reaktion darauf war, ausschweifend über den Begriff Design zu philosophieren, obwohl du doch genau von dem sprichst, was ich versuche zu sagen: Es muss über den Inhalt gesprochen werden (Konzept erstellen) bevor man sich um das Look&Feel einer Webseite kümmert (Screen-Design).

    Solange es diese Phase gibt, in der man mit seinem Kunden über die Inhalte spricht und ein Konzept zusammenstellt, ist Lorem Ipsum natürlich nichts Böses und kann sogar nützlich sein. Und jetzt kann ich auch Eva’s Kommentar verstehen und danke Andi für seine Erklärung :)

    Wenn ich sage, Lorem Ipsum muss sterben, will ich (1) zum Lesen animieren und (2) eine einprägsame Metapher dafür finden, dass die Inhalte einer Webseite nicht alleine die Verantwortung unserer Auftraggeber sind. Das Titelbild, das Markus für den Artikel gemacht hat, ist hoffentlich einprägsam genug, dass wir bei allen noch kommenden Projekten nicht vergessen, dass Text nicht nur ein kleiner Bestandteil einer Webseite ist, sondern das, weswegen Menschen die Seite besuchen. Ausgenommen sind natürlich Webseiten wie Flickr oder Portfolios von Fotografen und Künstlern.

    Ich hoffe ich habe es jetzt verstanden und entschuldige mich noch einmal für meine Engstirnigkeit.

  6. Natta1. Dezember 2011

    I disagree. Manchmal ist Lorem Ipsum unumgänglich. Wie wenn der Kunde ein Design möchte, ohne dass er Inhalte bereitstellt. Wenn er nur vorgibt, welche Menüpunkte es gibt, das Bereitstellen der texttlichen Inhalte aber herauszögert. Hätte man immer Inhalte, wäre es leicht und gut, Lorem Ipsum zu vermeiden.

  7. Eva Eisner1. Dezember 2011

    Blindtexte zu verwenden, weil der Inhalt evt. noch nicht in Form eines ausformulierten, korrigierten Textes besteht, bedeutet ja nicht, den Inhalt nicht zu kennen.

  8. Stefan1. Dezember 2011

    @ Natta: Es ist wirklich ein Problem, wenn Kunden keine Inhalte bereitstellen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass selbst wenn sie Inhalte bereitstellen, diese meistens völlig unbrauchbar sind und zumindest überarbeitet werden müssen. Entsprechend unserer Auffassung von Design sehen wir das als unsere Aufgabe und denken, dass wir für die Inhalte – oder sagen wir, für das Editieren der Inhalte – verantwortlich sind und das nicht auf unsere Kunden abwälzen dürfen.

    @Eva: Stimmt. Es muss nicht bedeuten, dass man den Inhalt nicht kennt.

  9. Andreas1. Dezember 2011

    Ich gehe einmal davon aus, dass du mit „Lorem Ipsum“ Blindtext meinst. Und, dass du mit „sterben“ sagen willst, „in vielen Fällen in denen er verwendet wird sterben“. Das kann ich sehr befürworten.

    In einigen Fällen aber muss Blindtext glaube ich nicht sterben. Zum Beispiel wenn für eine Webseite ein Template gebaut wird, dessen Inhalt sich ständig ändert. Ein Blog zum Beispiel oder ein Template für eine Bilderstrecke in einem online-Magazin.

    Natürlich sollte man, vor allem bei Fließtexten, etwas spannenderes vorziehen. Ich könnte bei 5 Absätzen Lorem Ipsum halt nicht bewerten ob sich das gut liest.

Du hast eine Meinung dazu? Wir freuen uns :)

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